Interview with Helga Cent-Velden

Title

Interview with Helga Cent-Velden

Description

Helga Cent-Velden (b. 1926) recounts her life in Berlin under constant threat of bombing. Describes how her father tried to locate a suitable air raid shelter for the family and especially how he ruled out the Shell House because of a canal running nearby and the consequent risk of flooding. Narrates how he eventually took the family to the sidings of Berlin underground railway, which had been fitted with benches, tables, lamps and fire doors. Describes the friendly community inside the shelter stressing the aftermath of the 29/30 January 1944 bombing, when the people were unable to cook because of a blocked chimney. Narrates how they shared the shelter with a German-speaking woman from Prague and her dachshund and how they later discovered that she was a well-known informer. Recalls on how Russian political officers came to look for this woman the 29 April 1945 and how they shot her and the dog.

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00:08:54 audio recording

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This content has been originally published on Memoro – Die Bank der Erinnerungen, which has kindly granted the International Bomber Command Centre Digital Archive a royalty-free permission to publish it as an audio track. To see it in its original video form and read the terms and conditions of use, please visit www.memoro.org and then click on the link to the German section. Please note that it was recorded by a third-party organisation which used technical specifications and operational protocols that may differ from those used by International Bomber Command Centre Digital Archive. It has been published here ‘as is’ and may contain inaccuracies or culturally inappropriate references that do not necessarily reflect the official policy or position of the University of Lincoln or the International Bomber Command Centre.

Contributor

Identifier

Memoro#4729

Transcription


HCV: Im Krieg hat mein Vater ausfindig gemacht wo wir einen guten, einen verhältnissmässig guten Luftschutzkeller bekommen, das es einen verhältnissmässig guten Luftschutzkeller gab. Und er hat sich dann umgesehen und hat gesagt also im Shell-Haus, dass hieß ja Shell-Haus weil es von der Shell AG gebaut worden war, da gehen wir nicht, das ist zu dicht am Kanal und wenn da eine Luftmine schräg reingeht da ertrinken wir alle. Und da hat er ausfindig gemacht das hier [points to with her hand] die U-Bahn, die U-Bahn Abstellgleise waren und zwar gingen die bis fast zur Kurfürstenstrasse, vom Nollendorfplatz bis zur Kurfürstenstrasse durch, bis zum U-Bahnhof. Und da ging dann, da konnte man runtergehen, und die wurden, diese Abstellgleise, das waren drei Etagen, die hatte man dann als Luftschutzraüme zur Verfügung gestellt, und hatte sie so ein bischen hergerichtet, mit Bänken und Tischen und Lampen und und, luftdichten Fenstern, beziehungsweise Türen, das die richtig diese Abdichtung hatten, also diese feuerfesten.
Unknown interviewer: Feurschutztüren
HCV: die gab es damals auch schon, das waren diese Metalltüren, so, die gab’s da und die waren da auch eingebaut undsoweiter. Und dann sind wir dahin gegangen das war nach diesen schlimmen Angriff am 29-30 januar 1944, als hier die ganze Potsdamer Straße brannte und wir auch Glück hatten, das wir hier in der PohlStraße davongekommen waren. Aber wir hatten gar kein Gas und kein Wasser und die, und unser Schornstein, wir konnten also nicht kochen weil der Schornstein voller Trümmer war, voller Steine zugeschüttet war, das musste alles erst geraümt werden, also wir waren ein Paar Tage da auch ein bisschen hilflos. Aber mein Vater hatte das ausfindig gemacht und dann sind wir dann in den, also das ist also von Anfang der Pohlstrasse, also Anfang der Potsdammerstrasse bis hierher immer ein ganz ziemlicher Weg gewesen und wir sind dann wenn der Voralarm kam, das waren dann diese Sirenentöne die dann drei mal in Abständen aufheulten und dann sind wir meistens schon losgegangen und haben dann dort auch Plätze gefunden und das weil es ja dann sehr oft passierte, also jede Nacht war dann Alarm, manchmal sogar zweimal und wir hatten auch mitunter dreimal Alarm sind wir dann, hatte sich da so ‘ne kleine Gruppe gebildet, die sich kennengelernt hatte. Und dann waren da also alle möglichen Menschen, unter anderem auch ‘ne ältere Dame, so richtig Berliner Original, bei jedem Satz hatte man, da hätte man lachen können weil die so [unclear] aufwar, und so viel Mutterwitz hatte, und wir sitzen alle da und unterhalten uns und so hatte man auch festgestellt welche Einstellung man hatte und dann hat man sich einige Witze erzählt und natürlich auch die politischen Sachen kam dann und so und das war also etwas lockere Gruppe und man fühlte sich, wir fühlten uns da unten verhaltnissmässig sicher auch. Mann hörte zwar Bomben und dann wusste man auch das Einschläge waren aber man hatte nicht das Gefühl unbedingt da voller Angst sitzen zu müssen. Und wir sitzen eines Tages da und plotzlich hörte man da so klappern, klingeln und dann sagte die Alte, ich weiss auch den Namen nicht mehr, jetzt wollen wir mal ruhig sein, wollen wir uns mal über etwas anderes unterhalten, irgendetwas unterhalten über die politische Lage unterhalten. Und dann kam eine Frau rein mit einem Dackel, so auch mittleres Alters, so anfang, um die fünfzig umschätzend, bisschen untersetzter Typ, also man merkte sie kam aus der östlichen Gegend von Deutschland oder Süd-west Deutschland, sprach auch ein gewissen Akzent und war sehr nett und sehr freundlich, wir unterhielten uns mit ihr und da wir ja nun gewarnt waren, waren wir natürlich ein bisschen vorsichtig und haben uns über ganz banale Sachen unterhalten und als wir uns dann das nächste Mahl trafen da erzählte uns der wo diese Frau nicht dabei war, erzählte uns die Frau ja sagt sie die ist, die spioniert überall rum und denunziert die Leute, die kommt aus der Tschechei und ist in Prag, ist wohl eine Pragerin, spricht ja Deutsch, also die Prager haben damals grossenteils auch Deutsch gesprochen, die ist also mit den Nazis ganz eng, ist also eine Nazi-rieke, hat sie gesagt.
UI: Nazi-rieke?
HCV: Nazi-rieke [laughs] Na ja, und also jedenfalls haben wir das dann. Sie hat also in Prag da schon einiges erlebt, die haben sie schon hinterher Steine geschmissen und so weil sie bekannt war, sie soll schon eine ganze Menge Leute denunziert haben. Na ja, also schön, die haben wir ein Paar mal erlebt und die war schon nett und freundlich, wenn sie da war aber wir haben uns zurückerhalten. Und der Krieg ist zu Ende und dann haben wir erfahren dass sie auch in der Pohlstraße gewohnt hat. Damals hiess die Pohlstraße noch Ludendorff-Straße, nach dem General Ludendorff, wir wohnten rechts und die wohnte auf der linken Seite, nicht weit von der Kluckstraße weg. Das Haus ist dann auch noch niedergebrannt worden hinterher. Aber als die noch da wohnte das war gleich nachdem die Russen, als praktisch die Kampftruppen vorbei waren und die Richtung Potsdammer Brücke sich bewegt hatten das muss auch noch am selben, am nächsten Tag war es, der 28. April war als die Russen uns [unclear] haben und dass muss am 29. April gewesen sein, da kam dann die politische Polizei, die Politoffiziere und haben sich einer Frau Metarum erkundigt, so hiess die Frau und dann hat man die aus der Wohnung geholt, kam sie mit ihrem Dackel runter. Und dann haben die Russen sie gefragt wie sie heisst und die hat dann ihren Namen genannt und dann hat der Russische Offizier gesagt ‘gehen Sie bitte vor’ und dann ist die vorgegangen und dann hat er die von hinten mit einen [unclear] Schuss erschossen. Das haben wir dann am nächsten Tag von einer Bekannten erfahren, die da auch gewohnt hatte und Unterkunft hatte weil sie vorher in den anderen, in einem anderen Haus ausgebombt war, die kannten wir auch gut. Ja und der Dackel jaulte auf als er sah das sein Frauchen [unclear] und dann hat man den Dackel auch gleich erschossen. Die war also bekannt. So, und die Rückmeldung habe ich dann von der Gedenkstätte Deutscher Wiederstand bekommen. Ich hab das erzählt, hab das Bericht gegeben und dann hat mir dann der [unclear] der diese ganzen Dokumentation zurechtgemacht hat, der hat mir dann gesagt, ja sagt er ich habe das erfahren, die wohnte in der Pohlstraße 90. Also die wohnte da, und die war da bekannt und die wohnte in der Pohlstraße 90. Also habe ich die Rückmeldung bekommen das das so gestimmt hat. Da war ich eigentlich sehr froh das das was ich erzählt habe auch Wirklichkeit war, gestimmt hat, nicht. Denn manchmal weiss man ja nicht, [unclear] dein Gedächnis oder aber es war ja so es ist so eingeprägt gewesen das das ja gar nicht anders gewesen sein konnte, nicht.

Citation

“Interview with Helga Cent-Velden,” IBCC Digital Archive, accessed April 27, 2024, https://ibccdigitalarchive.lincoln.ac.uk/omeka/collections/document/219.

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