Interview with Richard Suchenwirth

Title

Interview with Richard Suchenwirth

Description

Richard Suchenwirth recalls his wartime memories as a Flakhelfer in Pasing, a district of Munich. He tells of his father who was the author of three books on the Luftwaffe, the founder of the Austrian Nazi Party, a political orator and initial supporter of Hitler’s idea of creating a single German state. He remembers being drafted as a Flakhelfer in February 1943 and the pride he took in defending the city even though anti-aircraft fire was ineffective. He mentions the high death toll of the March 1943 bombing raid, in which his house was destroyed, and tells how Russian forced labourers were deployed at his unit. He recollects being liberated by the Americans, with kind black troops handing out chocolate and his father spending three years as a prisoner of war but being treated humanely. He mentions various episodes of his father’s life: having a bust of Hitler which his father used to slap in moments of rage when he would call Hitler a ‘carpet chewer’. He mentions various wartime anecdotes; two aunts who died in different bombing raids; the capture and attempted lynching of an American pilot; food rationing; bartering cigarettes for a typewriter; an incendiary device hitting his house. Richard Suchenwirth describes how his brother, a Wehrmacht soldier on the Eastern front, was taken prisoner by the Americans and then handed over to the Russians.

Date

2016-07-30
2016-07-31

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00:51:33 audio recording

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Contributor

Identifier

ASuchenwirthR160730, ASuchenwirthR160731

Transcription

AH: This is an interview for the International Bomber Command Centre. The interviewers are Lioba Suchenwirth and Anna Hoyles and the interviewee is Richard Suchenwirth.
LS: Ok.
RS: ja.
LS: So how do you wanna start?
AH: Ehm, can you tell me a bit about your early life?
LS: Möchtest Du was erstmal über deine Kindheit und vielleicht dein Elternhaus erzählen?
RS: Ja. Mein Vater war ja ein großer Anhänger Großdeutschlands und er schrieb eine Deutsche Geschichte mit 700,000 Auflagen und. Aber er war eigentlich, und er kannte auch Hitler persönlich ganz gut, aber er war tief skeptisch und ganz gegen den Krieg. Und dann schrieb er noch Dramen, Dido und Karl den Fünften. Und sonst. Ja, ich bin aufgewachsen in Pasing, weitgehend in Pasing, bei München, ein kleiner Ort der am Rand von München, uralter Ort, und da besuchte ich auch ein Gymnasium und da hieß es im Februar 1943, im Februar 1943, wir müssten, [unclear]
LS: Ihr müsst im Februar ‚43, hieß es,
RS: Wir müssten zur Flak, weil in Russland so viele Soldaten gefallen oder verletzt waren, mussten wir ‘43, im Februar ‘43, zur Flak.
LS: Wie alt warst du da?
RS: Da war ich alt fünfzehn Jahre und drei Monate. Und da bin ich also an die Kanonen gekommen, an die Flak-Kanonen 8,8. Wir waren bei der „4/456“, „4/456“. Das war die erste Flak-Batterie bei der ich tätig war, „4/456“.
LS: Was habt ihr gemacht?
RS: Ich hab versucht München vor Angriffen zu bewahren, vor Luftangriffen zu bewahren, aber Erfolg war nicht gut. Im März da war ein großer Angriff auf München, da gab’s viele hundert, dreihundert Tote, über dreihundert Tote, und alle wurden heimgeschickt, ne, zu schauen ob bei ihnen was passiert war. Alle kamen vergnügt zurück, es war nichts passiert. Ich bin nicht nach Hause gegangen weil ich, war ja nicht in München direkt, sondern in Pasing, und dann wurde ich angerufen, soll sofort kommen, die Hochschule, in der mein Vater tätig war, ist abgebrannt.
LS: Und damit auch die Dienstwohnung.
RS: Und damit die Dienstwohnung. Und ich kam also im März 1943 kam ich also Heim, lagen noch unsere Möbeln, waren großteils gerettet worden, standen alle auf der Straße. Es lag Schnee, und ich blieb dann Paar, ein, zwei Stunden hab bisschen mitgeholfen und dann bin ich zurückgegangen. Meine Eltern zogen dann hierher nach Breitbrunn, ein ganz altes Haus, das wurde erst später neu gebaut.
LS: Und sind Leute damit zu Schaden gekommen?
RS: In der Hochschule sind zwei Leute gestorben, einer, beim [unclear] durch Möbel im Treppenhaus, ein andere, ein junger Student, der kam nicht mehr raus, lag im Krankenzimmer. Und er war, im Haus war eine, eine, ach wie heißt die jetzt, eine Bombe eingeschlagen, eine, die erst später erst gezündet hat, die hat erst, nach Stunden hat die erst gezündet, eine, wie heißt die [unclear]
LS: Brandbombe.
RS: Eine Brandbombe ja, aber die hat einen bestimmten Namen. Und ist, war ausgelaufen, hatte oben das ganze Haus mit einem Schlag, brannte die Hochschule ab. Und dann sind wir, sind wir, mit einen Schlag war’s vorbei.
LS: Und als ihr bei der Flak wart, habt ihr auf Flugzeuge geschossen?
RS: Ja haben wir auf Flugzeuge geschossen, mit mehr oder weniger Erfolg, mit mehr oder weniger Erfolg.
LS: Und habt ihr noch was getroffen, oder?
RS: Vierzig Schüler waren wir, vierzig Schüler, und vierzig Schüler waren bei der Flak, und wir wurden da eingesetzt an Kanonen und an verschiedenen Geräten, wurden wir eingesetzt. Erste Zeit wurde ich [unclear] Bunker, habe ich in einem Bunker gearbeitet, das war nicht schlimm. Und auch später hatte ich eigentlich nie Angst. Abgeschossen habe sicher auch Flugzeuge aber nicht sehr viele. Sehr erfolgreich waren wir nicht. Da gab‘s den Witz: Was will ein Mensch zu Tode verurteilt werden? Was haben Sie am liebsten? Am liebsten will er von der Flak abgeschossen [laughs]
[LS explains the answers to AH]
RS: Eine Phosphorbrandbombe war das.
LS Phosphorbrandbombe.
RS: Eine Phosphorbrandbombe, die war explodiert und hat dann sich ausgedehnt und da eine gewisse Warme im Haus war, ist [makes a wooshing noise] abgebrannt.
[LS explains the asnwers to AH]
RS: Also mit fünfzehn Jahren wurde ich Luftwaffenhelfer. Der Kultusminister wollte es nicht haben, aber der Reichsjugendführer Axmann hat sich durchgesetzt und wir kamen zur Flak, mit fünfzehn Jahren zur Flak. Und dann waren wir in der Nähe von München, in Krailling, und dort ist aber uns nichts passiert, aber bei meiner alten, in, am Bodensee war eine Batterie mit Luftwaffenhelfern, da sind zwei, fast die Hälfte, über die Hälfte ist gestorben bei dem Angriff.
[LS explains the answers to AH]
LS: Und wie hast Du dich da gefühlt als du da eingezogen worden bist?
RS: Ich war sehr stolz, war sehr stolz. Dachte kann ich helfen, bisschen die Heimat zu verteidigen. Ich war sehr stolz, proud,
LS: Kann ich mir gar nicht vorstellen.
RS: I feel proud, very proud. Wir waren vierzig aus unser kleiner Schule, vierzig und alle, jeden Tag kam, ein oder zwei Lehrer kamen und unterrichteten unseren ersten Zeit, aber dann kamen sie nicht mehr weil das, hatte keinen Sinn mehr. Wir waren zu oft weg, nachts rausgerufen worden zur Abwehr und zur.
LS: Und wurdet ihr da, was wurde euch denn erzählt, was ihr machen musstet?
RS: Uns, ja [unclear] oft, unser Offizier war sehr nett und vernünftig, den Olan Hoffman, Hofbauer, der war sehr vernünftig und wir hatten auch nette alte Soldaten. Die meisten waren sehr nett, die meisten waren vernünftig. Die meisten wussten natürlich genau dass es nicht viel brachte, aber sie haben eben uns. Wir hatten, wir waren zu….Sechs Kanonen hatten wir zu betreuen. 8,8 cm, sechs 8,8 Geschütze, und die schossen dann immer in Gruppen die schossen dann immer in die Luft und versuchten die Flugzeuge abzudrängen und zu treffen. Viel getroffen haben wir nicht, einiges haben wir getroffen, aber viel getroffen haben wir nicht.
LS: Es waren Engländer, Amerikaner?
RS: Tagsüber Amerikaner. Da kamen die Liberator und die, Liberator war die eine große Maschine. Und nachts kamen die Engländer mit Lancaster und solchen Maschinen an und nachts warfen die ihre Bomben und nachts und die Amerikaner am Tag. Und dann sind wir raus, und nach ungefähr einem Jahr sind wir verlegt worden nach Senftenberg in der Niederlausitz, also oberhalb von Sachsen. Und dort hatten wir dann eine 10,5 Flak-Batterie. Aber wir haben geschossen in die Luft aber es war, kam nicht viel.
LS: Wie lange warst Du insgesamt bei der Flakbatterie, weißt Du das?
RS: Ich war dadurch das ich zum Schluss krank wurde ein halbes Jahr im Lazarett lag, war ich zwei Jahre bei der Flak.
LS: Am Schluss hattest Du Tuberkulose.
RS: Tuberkulose und Hepatitis.
LS: Hepatitis, durch Mangelernährung.
RS: Na ja, natürlich ansteckend.
LS: Aber du warst auch fast verhungert, hast Du gesagt.
RS: Dort, bei der Flak nicht, nein dort nicht. Und dann waren wir beim Lazarett in Senftenberg und war dort halbes Jahr gelegen und dann bin ich von dort nach Hause entlassen worden. Als der Krieg zu Ende war, war ich gerade siebzehn Jahre.
LS: Und als du nach Hause kamst, was hast du denn hier vorgefunden?
RS: Ja hier im Haus, das Haus war ja ganz anders gewesen. Dieses Zimmer hier das ist so alt, das ist über hundert Jahre alt dieses Zimmer. Und sonst waren meine Eltern, meine Großeltern, meine Eltern waren da, meine Großmutter war da, und der Vetter, der Neffe, Georg, Gerhard aus Wien waren da, war also alles proppenvoll, das Haus war proppenvoll mit Leuten.
LS: Aber da fehlte auch jemand, oder?
RS: Mein Bruder Harald ist schon, ist auch, noch im April, noch im März, noch einmal. Er wollte, hat den Amerikanern ergeben wollen und die Amerikaner haben alles an die Russen ausgeliefert. Er war in Altötting. Haben alle an die Russen ausgeliefert und der kam nie wieder zurück [unclear]
LS: Wie alt war der?
R.S.: Der war achtzehn ein halb, neunzehn, neunzehn.
LS: Und als er eingezogen war?
RS: Der war normal, sechzehn, siebzehn Jahre. Ich bin wesentlich jünger gewesen, aber.
LS: An Ruhr ist er gestorben.
RS: An Ruhr. Auf der Heimfahrt von Russland. ER war im Gefangenenlager in Russland und ein Freund der berichtete später noch, das er sich tapfer geschlagen hatte. Wenig, der war alles andere als ein Nazi, er war ganz gegen. Sein Leidensspruch war: Ubi bene, ivi patria. Wo‘s gut ist, das ist deine Heimat.
[LS explains the answers to AH]
RS: Und ich stand ja auch nicht gerade sehr positiv. Ich habe immer einen Schweitzer Sender gehört, einen Schweitzer Sender um Nachrichten zu bekommen. Die Englischen haben wir nicht gehört, zu der Zeit wollten wir nicht, wir wollten keine Feindsender hören.
[LS talks to AH]
RS: Beromünster, hießt der Sender. Beromünster in der Schweiz.
LS: Ach. Un der Englische? BBC?
RS: England haben wir nicht gehört.
LS: BBC? Habt ihr nicht gehört.
RS: Und da kam, war der Krieg zu Ende. Und als die ersten Amerikaner kamen, Amerikaner, fragte mein Vater: ‘Are we occupated?’. Und da antworteten die, zwei Amerikaner waren: ‘No, liberated!’ Und dann ist er drei Jahre lang eingesperrt worden.
LS: Warum ist er eingesperrt worden?
RS: Na ja, er hatte ja einen Hohen Rang bei der SA und war, und sein Buch war sehr verbreitet. Und er war Reichsredner. Und, und, war schon sehr dicht verbunden, obwohl er gar nicht wollte, mit Hitler sehr verbunden. War, ja?
LS: Aber er hat sich aus der Aktienpolitik irgendwann zurückgezogen?
RS: Ja, ja, aus der Aktienpolitik hatte er sich schon zurückgezogen, hat er sich zurückgezogen in Pasing damals, ‘36.
LS: Warum?
RS: Weil er Arbeit genug, andere Arbeit lag ihm mehr als aktiv Politik zu treiben. Und Hitler lag ihm gar nicht, Hitler war ihm sehr wenig sympathisch.
LS: Und das Antisemitische fand er auch nicht gut, oder?
RS: Na ja, also, er war ihm die Kirchenfeindlichkeit, es waren ja alle in der Kirche geblieben natürlich, Katholisch. Und er hatte auch Antisemitisch, wir haben nie eine Wort Antisemitisches von ihm gehört. Das verrückte war ja, als die, als, als, ‘40, die Deutsche Armee in Frankreich, England, Frankreich, Belgien und Holland einfiel, kam unser Dienstmädchen, die kam begeistert: „die Deutsche Kriegsfahne wehte über Rotterdam oder über [unclear]“, da sagte mein Vater, werde ich nie vergessen: „Die machen die gleiche Dummheit noch einmal“.
[LS explains the answers to AH]
LS: Er hatte doch ne, da ist gibt’s eine Episode die hast Du mal erzählt, die fand ich sehr spannend. Er hat eine Hitler-Büste geschenkt bekommen.
RS: Hat er ja gehabt, einziger war von Hitler. Also er hatte kein Bild von Ihm hängen, nur eine Büste und immer wenn er sich geärgert hat, kam ein Paar Mal vor, konnte er die Büste eine Ohrfeige geben.
LS: Abgewatscht.
RS: Abgewatscht. Und so sprach er vom Teppichbeisser Hitler. Er war sehr skeptisch Hitler gegenüber.
LS: Warum Teppichbeisser?
RS: Weil Hitler angeblich, in seinen Wutanfällen, sich auf den Boden geworfen haben soll und in einen Teppich gebissen haben soll.
LS: Und warum war Dein Vater so Großdeutsch, glaubst Du? Hatte es mit der eigenen Vertreibungsgeschichte zu tun?
RS: Nein, also, er war Großdeutsch 1930, wollte sich Österreich wirtschaftlich anschließen an Deutschland. Ein gemeinsames Zollabkommen. Und das haben die Amerikaner, haben die Franzosen und Engländer verhindert und das hat die anderen zur Weißglut getrieben. Sie wollten eben, Deutschland mit Österreich, wie vor 1866. Wie vor 1866 war Deutschland.
LS: Und dein Vater war Österreicher.
RS: Mein Vater war Österreicher. Wiener, Vienna. Ich bin auch Wiener, aber, ach, na ja.
LS: Und wie hat er Hitler kennengelernt?
RS: Er hatte ganz früh Hitler kennengelernt, 1922 schon.
LS: Als er noch in Österreich war [unclear] NSDAP [unclear].
RS: Ja….
LS: Und wie ist Dein Vater, wie ist er dazugekommen die Österreichische NSDAP zu gründen?
RS: Das war in der Politik. Die Politik florierte gerade und hat er das gemacht und ist dann bald ausgetreten aus der Partei.
LS: Ach so, ist er dann ausgetreten?
RS: Ein, zwei Jahre später ist er ausgetreten.
LS: Weist Du warum er ausgetreten ist?
RS: Na ja, er war an einer Jüdischen Schule tätig, die war fast ganz von Juden besetzt und dadurch kam er nicht an Staatsstelle. Und dann bekam er die Staatsstelle und dann ist er, war er glücklich. Paar Jahre ging es ganz gut. Er war an der Hochschule für Bau, Bauhochschule. Dann ist er eben auch nach England, nach Deutschland geflohen.
LS: Er musste fliehen weil die Arbeiterrevolution war in Wien, oder?
RS: Teilweise. Eine Revolution die von den Sozis. Aber auch weil eben die, kam auch diese kleine Nazigruppe, die Dolfuss erschossen hat, und dann ist er geflohen, über die Tschechei.
LS: Und ist er vor den Nazis auch geflohen?
RS: Nein, nein, nein, nein.
LS: Er ist vor den Arbeitern, vor der Arbeiterrevolution geflohen.
RS: Vor der Regierung.
LS: Vor der Regierung. Und die Regierung setzte sich zusammen…
RS: Christlich [unclear]
LS: OK. Und warum musste er fliehen? Weil er mit den Nazis auch zu tun hatte.
RS: Ja, ja, ja. Und dann kam er nach Deutschland, war er erst bei der Reichsschriftungskammer und dann hatte er die Hochschule in Pasing, wurde er Rektor und wurde 1942 aufgehoben und da ist er verbittert gewesen. Professor, Honorarprofessor der Universität war er noch.
LS: Und der Großvater ist über die Tschechei geflohen.
RS: Ja.
LS: War das aufregend, oder?
RS: [Unintelligible] Es sind viele geflohen.
LS: Ok war nicht.
RS: Nein.
LS: Und ihr seid mitgekommen?
RS: Wir sind später geholt worden, später nachgekommen, später nachgeholt worden, später erst.
LS: Und war der eigentlich auch im Ersten Weltkrieg, Großvater?
RS: Er war im Ersten Weltkrieg war er noch Leutnant.
LS: Und was hat er da gemacht? Wo war er da?
RS: Er war in Polen gegen die Russen und dann war er in Südtirol gegen die Italiener. Sette comuni, Sieben Gemeinden, zehn Gemeinden, da war eine kleine Deutsche Minderheit und da war er halt dort gewesen. Als [unclear] Offizier, als Nachrichtenoffizier.
LS: Als Spion?
RS: Nein, nein. Er war viel zu feige.
LS: Er war viel zu feige [laughs].
RS: Nein nein, er war kein Spion. Er hat überall [unclear], wie er glaubte, seine Pflicht erfüllt, gel.
LS: Und was ist nach dem Krieg mit ihm geschehen?
RS: Nach ‘45? War er drei Jahre interniert, erst bei den Amerikanern, dann bei den Engländern, da ging‘s ihn besser als uns. [laughs]
LS: Warum?
RS: Wurde gut ernährt und Zigaretten bekam, und er war Nichtraucher, bekam viel Zigaretten. Zigaretten war die Währung damals. Eine Zigarette fünf Mark.
LS: So viel! Und was hat er mit den Zigaretten gemacht?
RS: Hat [unclear] mir auch mitgegeben. Ich hatte eine Hose gehabt, die unten zugenäht war, so’ne Überfallhose, und die hatte, bis zum Knie steckte sie voller Zigaretten und voller solche Sachen.
LS: Und was hast Du mit den Zigaretten gemacht?
RS: Hab eingetauscht. Eine Schreibmaschine für dreißig Packungen Zigaretten.
LS: Und mit der Schreibmaschine hast Du deine Doktorarbeit dabei geschrieben?
RS: Auch ja.
LS: Und euch, wovon habt ihr gelebt nach den Krieg?
RS: Meine Mutter war ja aus einer Wohlhabenden Familie, und die hatte einen, war Teilhaberin einer Fabrik in Attendorn. Meine Mutter war nicht reich aber wohlhabend war sie gewesen. Die wollte gerne Medizin studieren, da musste ich Medizin studieren.
LS: [laughs] Aber die war eine der ersten Frauen die studiert haben in Deutschland, oder?
RS: Ja angefangen.
LS: Ja [unclear]
RS: Zwei Semester dann musste sie aufhören. Sollte Geld verdienen, weil sie heiraten wollte.
LS: Was hat sie da gemacht? gearbeitet?
RS: In einer Fabrik. In der Fabrik meines Großvaters.
LS: Und, von der Familie eine Tante ist auch bei einer Brandbombe umgekommen, oder?
RS: Zwei Großtanten sind umgekommen durch Brandbomben. Die Tante Lene in Nürnberg und Tante Agnes in [unclear]. Sie hat bis zum Schuss versucht die Bomben rauszuwerfen, die kleinen Bomben konnte man rauswerfen damals,
LS: Mit der Hand,
RS: Mit der Hand. Und die großen Bomben, gegen die waren wir machtlos.
LS: [talks to AH] Wie alt war sie da, ungefähr?
RS: 72.
[LS explains the answers to AH]
RS: [unclear] Hatten wohl noch… hatten wohl noch nach, den letzten Kriegstagen noch schwer beschädigt und, nicht, nicht, unser Haus nicht. Das Haus mit den Großeltern nicht.
LS: Und dann kamen die Amerikaner hierher,
RS: Die Amerikaner, ja.
LS: Die haben gesagt ihr seid befreit worden [laughs],
RS: Ja.
LS: Und haben die dann euer Haus abgenommen oder wie war das?
RS: Was? Das hier?
LS: Hier dieses Haus hier.
RS: Nein, das war so ein schäbiges Haus gewesen, aus sieben Teilen bestehend, wollte keiner haben.
LS: Und die, aber die Franzosen, waren hier eine Zeit?
RS: Die Franzosen waren, die Kriegsgefangenen waren sehr anständig zu uns und die, dann kamen so Plünderer in Pseudouniform und die plünderten alles was gut und brauchbar war.
LS: Was haben sie mitgenommen, zum Beispiel?
RS: Schreibmaschine, Radioapparat, Fotoapparat [unclear]
LS: Und haben die euch bedroht mit Waffen oder..?
RS: Mit Waffen bedroht nicht direkt, sie wollten dass ich das rauftrage zum Auto, das wollte ich nicht und da hat meine Mutter sich da vor mich geworfen und sagte: ‘aber er ist krank, TBC’ und hat es selber raufgetragen. Die Franzosen haben, die Gefangenen waren gut, die waren nett. [unclear] Die Gefangenen standen sehr gut.
LS: Und, Du hattest, also waren Französische Kriegsgefangene hier auch? Hast Du sie kennengelernt?
RS: Ja hier auch.
LS: Die haben hier als Erntehelfer gearbeitet?
RS: Haben bei den Bauern gearbeitet, ja. Ungefähr zwanzig. Die wohnten dann oben in einer [unclear], später. Und da kam abends, kam immer einer, einer zog sich mühsam eine Deutsche Uniform an und fragte; ‘seid‘s alle da?’. Da schrie einer, einer musste immer Oui schreien. Dann war‘s gut. Alle andere waren nicht da, waren unterwegs irgendwo. Nicht alle, aber viele waren unterwegs.
LS: Und was haben sie gemacht?
RS: Freundinnen hatten sie irgendwo.
[LS explains the answers to AH]
RS: War so nicht so ganz ernst der Krieg da.
LS: Und da waren Russische Kriegsgefangene hier auch.
RS: Die Russischen Kriegsgefangene, bei der Flak hatten wir welche. Die mussten die schlechten Arbeiten machen. Zehn hatten wir in der Batterie ungefähr. Zehn Russische Kriegsgefangenen haben uns bei der Flak geholfen.
LS: Du hast so eine Bärenfigur irgendwo.
RS: Ja, ja, das hat, hat ein Russe hat es gemacht, ein Russe hat ihn geschnitzt. Und wo liegt es, weiss es nicht.
LS: Im Schrank.
RS: Ja, ja, richtig.
LS: Und das haben die getauscht für Essen oder für was?
RS: Gegen Brot, gegen Brot.
LS: Hatten die Hunger?
RS: Ja, Hunger, viel Hunger.
LS: Die?
RS: Russen. Es war keiner verhungert. Einer war ausgerissen, der soll erschossen worden sein, habe ich gehört. Nie selber gesehen, auch nie selber gehört. Nach dreisig, vierzig Jahren im Krieg habe ich gehört von einen der bei der Batterie als Luftwaffenhelfer war [unclear]
LS: Und warum hatten die so Hunger? Gab es nicht so viel, oder [unclear]?
RS: Wir hatten alle, die Rationen wurden alle kleiner, aber für die Russen wurden sie noch kleiner. Also gut ging’s ihnen nicht. Und da, haben wir das gemacht, gegen Ringe gemacht und solche Sachen. Und haben dann Getauscht gegen Brot, gegen. Gut mir noch genug gegen Ende des Krieges und Lazarett war js ein halbes Jahr und [unclear]
LS: Wie hat sich denn dein Vater nach dem Krieg gefühlt, oder wie? Hatte er das Gefühl, das er sozusagen, einen historischen Beitrag geleistet hat für diesen Krieg, oder wie?
RS: Ne, er war fester Meinung, er hat ja schon längst angefangen, Dramen zu schreiben, im Krieg schon, eine über Dido, eine über Karl den Fünften, und hat geschrieben, geschrieben, geschrieben. Aber er durfte ja nach 1945 nichts mehr publizieren, und da war’s vorbei. Und er hat dann, aber die Amerikaner haben ihm weitergeholfen und haben ihn arbeiten lassen in Ameri, in Hamburg und in Karlsruhe.
LS: Und seine Bucher wurden noch auf Englisch publiziert, gel, denn in Deutschland durften sie nichts, aber in Amerika schon.
RS: Ja, ja, drei Bücher wurden auf Amerikanisch, auch nach seinem Tod.
LS: Ach, nach seinem Tod wurden wieder welche.
RS: Ja, ja.
LS: Und Großvater hat auch über die Luftwaffe geschrieben.
RS: Er hat drei über die Luftwaffe, eines über die Führungsgestaltung der deutsche Luftwaffe und eines über die Entwicklung der Deutschen Luftwaffe. Drei Bücher hat er geschrieben. Ich hab sie alle hier liegen, kann sie auch zeigen, wenn Du willst.
LS: Die Bücher sind auf Englisch, gel?
RS: Auf Englisch. Auf Amerikanisch.
LS: Ja, Amerikanisch. Und, ehm, weil er doch die NSDAP in Österreich mitgegründet hat, hat er da eine Art historisches Schuldgefühl?
RS: Er mitgegrundet, die NSDAP gab es in Österreich vor der Deutschen NSDAP. Die Tschechische NSDAP. Und er hat sich nie als schuldig gefühlt. Aber er hat sich nie in diesem Sinn schuldig gefühlt.
LS: Und hast Du das Gefühl, wenn Du jetzt so geschichtliche Sachen sich entwickeln siesst, glaubst Du, man hätte eine Art Notbremse ziehen koennen? Also Du nicht..
RS: Also ich weiss nicht. Ich glaube die Geschichte laüft, wie sie laufen will. Mit den Engländer, also als Soldaten, waren Die Engländer sehr fair und anständig, als Soldaten. Sehr unangenehm waren Die Franzosen. Als Kriegs….[unclear] Und die Russen hatten selber nichts Gescheites, gel. Die waren sehr . Den Russen ging es sowieso schlechter als, na ja. Und die Amerikaner waren so neutral.
LS: Von den Amerikanern gab’s immer Kaugummi.
RS: Ja, die Amerikanischen…. Und es waren, Die Neger waren so furchtbar nett, die Neger.
LS: Aber.
RS: Man sagt nicht mehr Neger, ich weiß. Aber die waren so furchtbar nett und Kindern Schokolade geschenkt und Kaugummi und so. Und einer kam immer und ans Klavier sich gesetzt und hat ein Paar drei, vier Klinge und konnte nicht richtig spielen. Und meine Mutter hatte ihn Badehosen angezogen, genäht. Mutter hat ihm Badehosen genäht.
LS: Damit er irgendwie schwimmen gehen kann. Und wie hast Du Dich gefühlt, als Du quasi bombardiert worden bist? Hatte man da persönliche Gefühle auch oder nicht?
RS: ich hatte keine Angst. Ich saß ja im Bunker. Draußen saß…Angst hatte ich keine, nein.
LS: Und eine Wut, das die sozusagen in dein Land kommen?
RS: Nee, überhaupt keine Wut, überhaupt kein Gefühl gehabt. Ich hab’s ja erlebt aber nicht gesehen. Waren natürlich schlimme Sachen aber wir haben, na ja.
LS: Und als ihr das so gehört habt, zum Beispiel über Coventry und Dresden?
RS: Schlimm, ja war sehr schlimm. Coventry, das haben wir auch gehört die Geschichte. Die Bombardierungen von Coventry und dann noch die Angriffe auf London. Haben alle gehört und wir haben eigentlich innerlich Distanz… Weiter dann war der furchtbare Angriff auf Dresden. Und dann wurde eine Stadt wie Würzburg war sehr stark bombardiert. In den letzten Kriegstagen von den Amerikanern weitgehend zerstört. München war zu 40, zu 50% zerstört. München im Laufe von vielen Angriffen.
LS: Und stimmt das dass man die Weihnachtsbomben genannt hat, die Bomben, die da runtergefallen sind?
RS: Nein es ist so. Die den Flugzeugen voraus flogen nachts, flogen, wie heißen die den, jedenfalls, Mosquitos hießen die, die waren sehr, ganz schwach bewaffnet und warfen dann Leuchtkörper ab und dann wussten die wo sie bombardieren sollten. Und das war von Weihnachts….Die warfen das ab und dann wussten die wo die bombardieren sollte. Und die nachfolgenden Bomber haben sich nach den Mosquitos gerichtet und haben da die ganzen Flechtflächen geworfen.
LS: Warum hießen die Weihnachtsbäume?
RS: Nein, die hießen gar nicht so, die hießen nicht Weihnachtsbäume, sondern die waren wie einen wunderschönen Schmuck, hatten wunderschöne Farben. Christbaüme.
LS:Weihnachtslichter.
RS: Ja, so ungefähr. Die Mosquitos vor weg, leichte Flugzeuge, die warfen so kleine Bomben, Leuchtbomben, und dann wussten wir schon wohin, wohin der Angriff ging. Und dann waren… da kamen eben die Bomber, aber es sind schwere Bomben.
LS: Du hast gesagt du hast mal was unanständiges erlebt, als ihr ein Flugzeug mal erwischt habt.
RS: Wir hatten einen Amerikaner abgeschossen und da wollten von uns einige Leuten wollten den Piloten misshandeln, und der Erstleutnant, unser Offizier, trat sofort ein und bot ihm auch eine Zigarette an. Das fanden viele gut aber viele fanden das auch nicht gut.
LS: In wie fern misshandeln?
RS: Wie?
LS: Verprügeln, oder was?
RS: Ja ja.
LS: Also ihr habt ihn gefangen dann auch?
RS: Ja ja.
LS: Der kam mit dem Fallschirm abgesprungen und ihr habt den dann geschnappt.
RS: ja ja.
LS: Und habt ihr auf ihn geschossen wie er mit dem Fallschirm abgesprungen ist?
RS: Also ich persönlich nicht aber es gab einen Oberleutnant, den Namen will ich jetzt nicht nennen, der hat noch etliche Salven auf Ziehfallschirm, abspringenden Soldaten geschossen. Fand ich sehr unfair, ich konnte es aber nicht verhindern, ich war ein kleiner Jungen von fünfzehn Jahre.
LS: und wie fanden die anderen Jungen das, weisst Du das noch?
RS: Weiß ich nicht.
LS: Wurden so Sachen diskutiert, oder durfte man nicht diskutieren?
RS: Die wurden kaum diskutiert, weil das Leben war so ereignisreich, dass wir gar nicht dazu kamen, über die Dinge viel zu sprechen. War zu viel. Dann wurden wir verlegt nach Senftenberg, von München nach Senftenberg, 8,8 zur 10,5 Flak. Und dann bin ich [unclear] gekommen und das war anfangs, na ja. Hatte einen Italiener, der war sehr nett, und den habe ich gedolmetscht. Und er hat mir, na ja. Im Lazarett ging ganz friedlich zu. Was interessiert sie noch?
LS: Ich überlege.
RS: Nach dem Krieg habe ich noch studieren dürfen, studieren können. Gleich nach dem Krieg konnte ich studieren, hatte einen Förderungskurs, ich musste einen Abiturförderungskurs von vier Monaten und dann konnte ich studieren, habe ich angefangen zu studieren und von da an war alles wie gewöhnlich.
LS: Und du warst auch Mangel an Ernährung, zum Beispiel, oder?
RS: Essen, und essen hatten wir sehr wenig, sehr sehr wenig. Mein Vater unter Kriegsgefangenschaft meinem Bruder immer Päckchen mit trockenem Brot geschickt. Über zwanzig Päckchen hat er geschickt. Und meine Großmutter hat daraus Suppen gemacht. Und ich habe….. man merkte es gar nicht mehr, es ging so langsam. Mal wurde es immer weniger, immer weniger und dann haben wir gehungert. Dann habe ich versucht alle Kunstprodukte zu packen, hat mir aber nie geschmeckt, habe ich nie essen können.
LS: Was zum Beispiel?
RS: Zum Beispiel aus Leim und aus Haferflocken, ach aus, was in der Muhle so ubrig blieb.
LS: Holzspäne?
RS: Holzspäne nicht gerade, aber, aber…
LS: Die Spelzen vom Weizen.
RS: War nichts zu essen. aber. Leim war ja auch.
LS: [unclear] ?
RS: Jedenfalls vom Kunstegebilde. Hier gehungert und erst richtig. Und als ich noch…mit dem Studium fertig war, wog ich noch glaub ich siebzig Kilo, zehn Kilo hatte ich verloren ungefähr, zehn Kilo Gewichtsverlust aber es ging noch ganz gut. Zu der Zeit Kriegskrankenhaus wurde operiert…
LS: Hattet ihr Uniformen als Kindersoldaten?
RS: Natürlich, ja, ja. Luftwaffenhelferuniform. Ich habe auch…Leider liegt’s nicht hier oben. Sa ganz gut aus in so einer Uniform. Sollten wir immer HJ Binde tragen aber die haben wir nie getragen. Anfangs immer noch HJ am Arm als wir die Flak verlassen und Heimaturlaub und dann [unclear]
LS: Und warum?
RS: Wir wollten nichts mit HJ zu tun haben.
LS: Warum wolltet ihr nichts mit HJ zu tun haben?
RS: Weil es waren Soldaten.
LS: HJ waren die Kinder, waren die Jugendlichen.
RS: Ja ja.
LS: Und wie waren die Baracken wo ihr wohntet? Oder die Lager?
RS: Ich war in einer Baracke mit neun anderen in einem Zimmer, neun, später drei oder vier. Und da habe ich ein Mädchen kennengelernt, mit der ich noch vor wenigen Monaten telefoniert. Die ist inzwischen Urgroßmutter und ich werde auch bald vielleicht..
LS: Urgroßvater.
RS: Urgroßvater.
LS: Und dann war das ein bisschen für Dich manchmal so ein romantischer Abendteuer, so lauter Jugendliche zusammen? Keine Eltern….?
RS: Ja ja, war spannend, war interessant und spannend. [unclear] Ist keiner bei Fliegerangriffen gefallen. Später sind ungefähr ein viertel gefallen. Und wir waren, kein einziger ist zur Waffen-SS gegangen. Die waren nicht beliebt bei uns.
LS: Und hattet ihr Freizeit dann auch, als ich bei der Flak wart? Hat ihr so richtig zu Dienstzeiten quasi und dann am Wochenende dann heim?
RS: Es ging nicht, wir mussten bereit sein, die mussten kommen. Bei Fliegerangriffen mussten wir da sein. Aber wir waren natürlich, am Wochenende waren einer zu hause und ich war am Neujahr zu hause.
LS: Und durftet ihr am Nachmittag eure Eltern sehen oder so?
RS: Die kamen, natürlich besuchten uns. In der Flakstellung.
LS: Und habt ihr viel gelesen? Aber Du ließt ja immer so viel.
RS: Ich habe viel gelesen aber, natürlich haben wir viel gelesen und haben uns über vieles unterhalten. Aber…
LS: Und wie hat man sonst die Zeit so rumgebracht?
RS: Na ja, Wir machten ja Appell. Der schlimmste war der Vollzähligkeitsappell, das ganze Zeug was wir vom Militär hatten, mussten wir nehmen und um uns herumlegen und dann wurde gesagt „drei Paar Socken, zwei Paar, hier sind sie, alles in Ordnung, ein Hemd, ein Nachthemd’ und Sachen. Und jedenfalls…
LS: Und war es mal langweilig und hat ihr Karten gespielt?
RS: Karten gespielt. Karten nicht viel, aber wurde…. Gespielt.
LS: Und was hast Du gemacht?
RS: Alles mögliche. Vieles und uns unterhalten. Den Schweitzer Sender Beromünster habe ich gehört und da musste ich meinem Vater immer sagen was es Neues gibt und da mussten…
LS: Warum hat er ihn nicht gehört?
RS: Der konnte immer sagen: ‘ich habe keinen Sender’. Überzeugend.
RS: Und in der Schule sprachen wir darüber. Und ich sagte: ‘ich habe heute bei der Putzfrau, bei der Milchfrau das gehört’ und ich wusste wer die Milchfrau war, die hat auch Beromünster gehört.
LS: Und ihr hattet ein Dienstmädchen, und die war Überzeugte Nazi-Anhängerin?
RS: Die war Sozialdemokratin aus Wien, aus Attentan und dann Wien. Und als die Deutsche Kriegsflagge uber Ludwig [or Lublin??] wehte, kam sie begeistert und mein Vater war entsetzt. Und da war eine Polin, die war sehr nett. Hatten zwei Mädchen.
LS: War die Kriegsgefangene die Polin, oder?
RS: Nee, die war so verpflichtet, angeblich. Die hat einmal eine Gans mitgebracht aus Polen.
[LS explains the answers to AH]
RS: Helene.
LS: Ich glaube das war’s dann, Papa.
RS: War’s alles? In drei Jahren habe ich nicht mehr erlebt?
[LS explains the answers to AH]
LS: Mir fallt nichts mehr ein. Aber weisst Du was, wir kommen dann nachher und machen nochmal eine halbe Stunde, ja?
RS: Gut, gut.
LS: Ok.
SECOND INTERVIEW
AH: This interview is being conducted on behalf of the International Bomber Command Centre on the 31 of July 2016. It is the second interview with Professor Richard Suchenwirth, taking place in his home in Breitbrunn, outside Munich. The first interview took place yesterday. The interviewers are Liobe Suchenwirth and Anna Hoyles.
RS: ich kann so schlecht Englisch.
LS: Papa, wir wollten noch wissen von Dir über die Bücher vom Großvater die er über die Luftwaffe geschrieben hat. Kannst du noch ein Bisschen was erzählen dazu?
RS: Drei Bücher hat er über die Luftwaffengeschichte geschrieben, und die sind alle nach seinem Tod in Amerika erschienen. Ich hab alle drei hier.
LS: Auf Englisch erschienen.
RS: Auf Englisch.
LS: Vorüber waren die nochmal?
RS: Die, wer die Führer war der Luftwaffe, wie die Luftwaffe sich entwickelt hat und wie die Luftwaffe überhaupt zustande gekommen ist.
LS: Und wer hat ihm da den Auftrag gegeben, weiß Du das?
RS: War Department in New York,
LS: War Department in New York.
RS: in Washington.
LS: In Washington. Und davon hatte er auch das Geld einfach, also, die haben es auch bezahlt und so.
RS: Ja, die haben und da hat.
LS: Und was hat er dann, und er durfte ja nicht mehr arbeiten so richtig nach dem Krieg?
RS: Ja.
LS: Was hat er gemacht, und wovon hat er gelebt?
RS: Von, erst hat er von Vorträgen gelebt und, hat er lange Zeit, drei Jahre war er ja lang interniert und dann hatt er erlebt, [unclear] die Amerikaner haben viele Jahre ihn [unclear]
LS: Er hat auch was für die Europäische Konstitution geschrieben, oder?
RS: Nein, das weiss ich nicht.
LS: Europäische Verfassung?
RS: Er wollte etwas schreiben, wie heißt es, ich hab’s nicht im Kopf. ‘Europa’s letzte Stunde?’ hiess, Fragezeichen.
LS: So, Vorläufer der EU Geschichte, sowas, nicht.
RS: Ja.
LS: Dann, wollte ich nochmal fragen.
RS: Maria Theresia, [unclear] Buch von Maria Theresia ist [unclear] richtig, sogar nochmal nachgedruckt worden.
LS: Ah ja, genau, das war auch sehr erfolgreich, gell? Der hat fürs Reichskulturministerium gearbeitet nachdem er aus Wien geflohen ist. Was hat er gemacht?
RS: Reichsschriftungskammer. In der Reichsschriftungskammer war er Geschäftsführer, und da flog er Tag aus und dann ging er nach Pasing, da hat er die Hochschule [unclear].
LS: Und warum flog er da raus?
RS: Weil er, dort damalige Reichsschriftungskammerchef ihm nicht gewogen war. Der war ein großer, der war [unclear] hiess der.
LS: Der war so ein großer Nazi, oder. Und war das so was politisches oder was, oder mochten die sich einfach nicht? Oder so ein Bisschen beides?
RS: Erstens, beides, beides.
LS: Dann wollten wir nochmal fragen, wegen dem Harald. Der Harald hat wo gedient? Der wurde zwangseingezogen so wie alle, oder?
RS: Ja, zwangseingezogen. Er war bei der Wehrmacht, war er Oberreiter, hat aber nie ein Pferd gesehen, abgesehen vielleicht vom Kochtopf.
LS: Und wo war der?
RS: Er war in Russland, ganz innen in Russland. Und man hatte ihn das Bein abnehmen wollen und dass wollte er nicht und da musste er nochmal raus. Und da kam er, hat er geflohen von Sankt Pölten mit einem freund, von Sankt Pölten bis Altötting, in Altötting, und da hat er sich den Amerikanern ergeben. Und die Amerikaner haben alle von Altötting über die Donau nach Freyung getan und in Freyung wurde ausgeliefert an die Russen.
LS: Und das war aber nicht…. Das ging gegen die Genfer Kriegskonvention, oder?
RS: Ja.
LS: Und er ist geflohen, dass heißt er ist desertiert.
RS: Ja, es hat sich aufgelöst, die Truppe hat sich aufgelöst. So ungefähr, die Truppe hat sich aufgelöst.
LS: Kannst Du noch etwas von den Namen von deinen Eltern erzählen? Wie die heißen?
RS: Mein Vater hieß auch Richard wie ich. Mein Großvater war ein großer Verehrer von Richard Wagner. Alle drei Richards sind Folge davon: Ich, und mein Vater und vor allem mein Sohn Richard.
LS: Und deine Mutter?
R.S.: Meine Mutter kam aus dem Sauerland, südlichen Westfahlen, und uralte Fabrik, uralte Familie, hat 170 jährigen gefeiert und vorher war sie eine Wohlhabende Bürgerfamilie aus Westfahlen-Sauerland.
LS: Und wie hieß sie?
RS: Anna Elisabeth.
LS: Und wurde Else genannt.
RS: Ja.
LS: Und Deine Schwester, wie hat die den Krieg gelebt, wie hat die den Krieg überlebt?
RS: Hat und der Hermann, die jüngeren Geschwister blieben bei meinen Eltern, blieben bei der Mutter, sie haben eine Ziege gehabt, hatten zwei Ziegen und haben davon gelebt. Und die haben’s gut überlebt, den Krieg.
LS: Deiner Schwester wurde viel Kaugummi geschenkt von den Amerikanern.
RS: Ja, Schokolade wurde geschenkt. Die Amerikaner haben sich hier, die Truppe war sehr anständig, die Kriegstruppe. Und sehr viele Schwarze dabei.
LS: Und Du hast, und die Franzosen haben auf das Klavier geschossen, hast Du mal erzählt.
RS: Die Franzosen haben das Klavier nicht geschossen, sondern mit dem Messer…..
LS: Ach, mit dem Messer zerrissen.
RS: Ja.
LS: Und sag mal, ihr hattet hier verschiedene Leute wohnen in den Haus, und dar war eine Frau die gesehen haben will, wie eine Waffe ins Klo geworfen wurde, ins Latrine. Erzähl mal die Geschichte.
RS: Das war oberhalb, wie mussten raus aus unserem Haus als die Amerikaner, als die Franzosen kamen und da bin ich, wurde ich untergebracht bei einer alten Frau, hier oben, Frau Fischer, und da hat man sie gefragt, ob der Mann keine Waffen gehabt, da hat sie dem Offizier gesagt, doch doch die haben sie ins Klosett geworfen. Und da musste ich’s Klosett ausheben und die Waffe, [unclear] Pistole.
LS: Und wie lange musstest Du da graben?
RS: Na ja, drei Stunden, vier Stunden…
LS: Ein Paar Tage. Es war im Sommer, oder. Musstest Du viel Latrine ausgraben?
RS: Latrine ausgraben, ja.
LS: Und der Großvater, hast Du gesagt, war ein Sprecher für die Nationalsozialisten, oder Vortrag, hat Vorträge gehalten, was genau wie war das?
RS: Er war Reichsredner, Reichsredner gehabt, und hat gelegentlich weit weit überall Vortrage gehalten aber im Krieg schon lange mehr, kaum mehr noch. Da war er in Rumänien, und da war er in Griechenland, und da war er in Estland.
LS: Du hast gesagt, bis 1938 war Großvater, fand Großvater in Hitler ein notwendiges Übel?
RS: Ja. Bis der Anschluss, von Österreich zu Deutschland, Anschluss Österreichs war ihm sehr sympathisch, war ganz in seinem Sinne, und da war er sehr erfreut über Hitler aber nachher ging das Entsetzen über, denn er war für ihn der Teppichbeißer. Hitler soll er, soll in Wutanfällen soll er in den Teppich gebissen haben, Boden geworfen haben und in den Teppich gebissen haben. Stimmt aber nicht gar nicht.
LS: Und fand Großvater sehr lächerlich.
RS: Ja, so war’s gewesen. Da war er Reichstagsabgeordnete aber der Reichstag hatte nichts mehr zu sagen. Reichsredner und….Parteianzeigen …… zu tun.
LS: Irgendwas bekommen, so was bestimmtes?
RS: Nö, nö…..weil er eben lang dabei war, weil er lang dabei war.
LS: Und, also Harald wurde eingezogen….
RS: Frühjahr 1944 wurde Harald eingezogen, kam an die Ostfront, hat einen Knie [unclear] schuss bekommen. Und trotzdem ist geflohen weil die Russen hinter ihm her waren, da kam er ins Lazarett und da wollten sie ihm das Bein abnehmen und er lies es nicht zu, nein er wollte sein Bein behalten, er ließ es nicht zu und da musste er in den letzten Kriegswochen noch in den Krieg und ist wie gesagt in Gefangenschaft geraten, auf Jalta war er.
LS: Und Du meintest dass, Du hast sagst dass wenn sie ihm damals das Bein nicht abgenommen hätten, dann wäre er noch am Leben.
RS: Konnte er lange Zeit noch am Leben gewesen sein.
LS: Ein örtlicher Arzt hat dann was hinterher zu Großvater gesagt über Harald.
R.S.: [unclear]
LS: Nein. Das man hatte auch das verhindern können das er eingezogen wäre. Weißt Du das noch?
RS: Nein. Das Weiß ich nicht.
I.: Sagte dass man hatte ihm noch ….. geben können oder sowas.
R.S.: Das weiß ich nicht.
LS: Weißt Du nicht?
RS: Weiß ich nicht.
LS: Ich danke, Papa.
RS: Bitte.

Citation

Lioba Suchenwirth and Anna Hoyles, “Interview with Richard Suchenwirth,” IBCC Digital Archive, accessed April 26, 2024, https://ibccdigitalarchive.lincoln.ac.uk/omeka/collections/document/2011.

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